Drogen in Rio Reiser's Texten

Drogen, vor allem Alkohol und Zigaretten, besingt Rio Reiser schon auf dem ersten Tonträger, den die Scherben je gemacht haben "Warum geht es mir so dreckig" von 1970. Er singt "...in die nächste Kneipe gehen, Bier trinken. Ich möchte so besoffen sein, daß ich alles nicht mehr seh." oder "Soll ich mir 'n Schuß machen und von allem nichts mehr sehen?" Diese beiden Sätze drücken deutlich die Grundstimmung aus, die Rio über Alkohol und leichte Drogen auf der einen Seite und harte Drogen auf der anderen Seite hat und während seiner Zeit bei den Scherben und auch Solo verbreitet. Alkohol, zumindest den Texten nach, scheint für ihn oder repräsentierende Charaktere eine gute Möglichkeit zu sein, der wirklichen Welt und den Problemen darin zu entfliehen. Das macht er fortwährend deutlich, allerdings in der Zeit bei den Scherben häufiger als auf seinen Soloplatten.
Gute Beipiele sind "Ich brauch nur was zu essen und vielleicht ein bißchen Snaps", wenn er in "Slavenhändler" (1970) über harte Arbeit singt. Oder in "Feierabend" (1972): "Acht Stunden Arbeit sind vorbei ... kannst dich vollaufen lassen" und "Paul Panzers Blues" (1972): "Dann bin ich echt fertig und ... den Abend, den kannst mich nur noch in der Kneipe rumhängen sehen". Zigaretten werden das erste Mal 1975 in "Samstag Nachmittag" erwähnt. "Zigaretten verglühen vor dem Flimmerkasten" und wieder eine Erwähnung von Alkohol, ein selbstverständliches Getränk am Samstag Nachmittag "Papa kippt 'n Bier". "Wenn der Wecker um halb sechs fröhlich sein Liedchen geigt, ... wenn die erste Zigarette mir halb den Bart verbrennt" ("Guten Morgen" 1975) zeigt, wie normal er früh erstmal eine raucht.

Mittlerweile hat Rio Reiser Marijuana ausprobiert und seinen ersten Joint geraucht. Er sagt dazu:" ... der hatte es in sich. ... Es war, als würde ein Fenster geöffnet oder ein Schleier weggezogen. Auf einmal sah ich ganz klar den Irrsinn der Welt. ... eine Möglichkeit, sich mit der Welt und ihrem Wahnsinn auseinanderzusetzen ..." (Rio Reiser, in "König von Deutschland", 1994, S. 133). Der Blick in das neu geöffnete Fenster hinterließ seine Spuren auf den folgenden Platten. Lieder wie "Sumpf Schlock", "Kleine Freuden" oder "S.N.A.F.T.", alle auf der CD "IV-die Schwarze" von 1980 und auf den ersten Blick wenig Sinn machend, werden verständlicher, wenn sie mit dem Wissen seines Drogenkonsums gelesen werden. Er schrieb sogar eine Hymne auf "die Möglichkeit, sich mit der Welt auseinanderzusetzen" in dem Song "Shit Hit". Zeilen wie "Ja, ja, ja, täglich einmal, einmal täglich Haschisch, nasch ich. Ja, wir lieben unser Dope, wie lieben unsere Trips" oder "Meine kleine Pfeifen kann ich mir nicht verkneifen." verbergen nicht seine Sympathie für die besungene Droge.

Später in seiner Solokarierre dann wieder die bekannten Ansichten über Alkohol. In "Blinder Passagier" (1987), einem Lied über eine harte Schiffahrt, sagt er "Wir haben genug zu essen, genug Schnaps und Brot" und in "Geld" (1990) verrät er seine Meinung über den besten Umgang mit Geld. "... der beste Weg von allen ist, es einfach zu versaufen." Wie auch immer, von harten Drogen hat Rio Reiser stets die Finger gelassen. In seiner Biographie schreibt er "... Fixen war nie mein Ding ..." (Rio Reiser, in "König von Deutschland", 1994, S. 133). Daß harte Drogen für ihn eine Gefahr sind, spiegelt sich manchmal in seinen Texten wieder. 1980 singt er in "Heimweh": "nach dem Tod durch Messer und Nadel" (Heroinbesteck) oder in "Zwischen Null und Zero" (1986) "Rolf ... hat die Nase voll, vom Schnee von gestern wohl". Was für Rio gefährlich ist, zählt er in "Gefahr" (1995) auf: "Alle Drogen, Alkohol, ich will Gefahr von A bis Z." Drogen, meist Alkohol und Marijuana, obwohl manchmal gefährlich, gaben ihm wie er selber sagte, die Möglichkeit, "sich mit der Welt auseinanderzusetzen", sie besser zu verstehen. Er scheint zu einem Schluß gekommen zu sein, denn das Ergebnis, der Einfluß in seinen Texten, kann sich sehen lassen.