Karte

Kommentare


keine Kategorien
<   Seite 3 / 3 (26 Einträge)

Kommentare

Sascha am 30.07.2010 (Analysen)
Nachtrag:

"ich lüge und ich schwör für Dich."

Nach der von mir vorgeschlagenen Interpretation ebenso ein Schlüsselsatz.

Man kann sich förmlich vorstellen, wie der Protagonist seinem Gegenüber verspricht "Ich versetze die ganze Welt für dich, ich hol' dir den Mond, ich schwör'!"
Sascha am 30.07.2010 (Analysen)
Andere Deutungsmöglichkeit:
Kein Liebslied, sondern eine Parodie oder ironische Betrachtung typischer kitschiger Liebeslieder.

"Ich hol den [...] Mond für Dich"
"Versetz die ganze Welt für Dich":
Typische kitschige Liebeslied-Phrasen.

"ich brenne und ich schnei für Dich."
"ich regne und ich schein für Dich.":
Völlig sinnfreie Variationen der oben genannten Phrasen unter Verwendung beliebiger Verben.

"Ich streich den Himmel blau für Dich"
"und ich bieg den Regenbogen":
Der Himmel ist schon blau.
Der Regenbogen ist schon gebogen.
Macht aber nichts, denn kitschigen "Versprechen" dieser Form sind ja eh nur leere Phrasen und es steckt keine Substanz dahinter.
Zum Beispiel seinem Partner zu sagen "Ich werde an deiner Seite bleiben, auch wenn du alt und krank bist" wäre ein echtes Versprechen.
Zu sagen, "Ich hol den Mond für Dich" (bzw. beliebige ebenso sinnfreie Variationen davon) ist ein leeres Versprechen.
==> Schlüsselsatz: "Ich hab so oft für Dich gelogen".
Christoph am 18.02.2009 (Analysen)
Der 'blaue Mond': Vielleicht ist er ja blau, weil Rio den "Himmel blau gestrichen" hat, mitsamt dem Mond. Oder blau im Sinne von 'betrunken'? Oder von englisch 'blue', also vom Blues her? Fragen über Fragen.
Viele moderne Maler geben ihren Bildern keine Titel mehr: Der Betrachter soll dadurch nicht abgelenkt, auf eine Richtung hin fixiert werden. Denn von Bedeutung ist das, was das Bild in ihm auslöst. Gleiches gilt für Musik - in diesem Falle für den Song, also die Musik sowie den durch diese transportierten Textinhalt. Kann auch sein, dass sich dieses Empfinden im Betrachter bzw. im Hörer immer wieder aufs Neue ändert.

Das mit der biblischen Deutung des Regenbogens, die sehr schön ist, sehe ich momentan anders - aber ich bin eben ein anderer Betrachter. Und schon morgen kann es wieder ganz anders sein...
Rio singt nämlich nicht: 'ich bieg dir noch 'nen Regenbogen', sondern: "Ich bieg den Regenbogen für Dich...".
Erst später, und zwar im letzten Refrain, singt er: "Ich bieg dir noch 'nen Regenbogen". Würde heißen, er bezieht 'seinen' zweiten Regenbogen nicht auf den biblischen ersten, sondern auf den, den er zuvor bereits gebogen hat.
Vielleicht machen wir uns letztendlich bei derartigen Analysen mehr Gedanken als Rio - machen uns vielleicht manchmal etwas vor -, aber auch das wäre in seinem Sinne. Denn es geht letztendlich, gerade bei dieser wirklich so tief empfundenen Musik dieses Songs, nicht nur darum, Rios Gedankengebäude gänzlich zu verstehen oder gar seiner Person womöglich nachzutrauern, sondern darum, was wir mit dieser Musik machen: mit der Liebe und Sehnsucht, die da drin steckt.
Habe vor einiger Zeit mal die Harmonien dieses Liedes aufgeschrieben. Sollte ich sie finden, stell ich sie hier rein.

In diesem Sinne: Mit viel Liebe und Sehnsucht!
Christoph
Tim J. am 14.02.2009 (Analysen)
Das Rio es, vielleicht auch erst im Nachhinein, zwiespältig sieht und es ist eben auch zwiespältig, kann man auf einem Livetrack hören, auf dem er sagt (frei zitiert): "Dann woll'n wir mal hoffen, dass er uns nicht auf den Kopf fällt."

Das sollte man sich immer überlegen! Wenn man etwas im Nahmen einer Revolution, oder einer Bewegung, zerschlagen will. Gibt es einen Ersatz und in dieser Ersatz real durchführbar und füllt er wirklich all das, was sein Vorgänger gefüllt hat. Falls es keinen Ersatz gibt, oder dieser Ersatz sich nicht etabliert: Was ist dann?

Rio erwähnt dabei auch das bekannte Menetekle, indem er: " mene mene tekel u-pharsin", in den Text ein baut. Wenn man nun nachdenkt, wem soll es ein Menetekel sein, dass der Turm einstürzt?
Es ist keines, für die, die da gerade gestürzt werden, es ist ein Menetekel für die, die da gerade den Turm umfallen sehen. Denn mit ihren Türmen kann und wird das Selbe geschehen, irgendwann und dann werden die, die ihn zu fall gebracht haben, genauso Jubeln, im Gedanken es besser zu können.

Die Aussage des ganzen ist also: Überschätzt nicht euch selbst und vor Allem nicht eure Ideen. Dieser Song ist vielleicht gar nicht als "Angriff" auf das System gedacht, sondern als Angriff auf die, die meinen das System einfach stürzen zu können, um eine Utopie zu errichten.

Dieses Lied ist eine doppelschneidige Klinge.
Christoph Häusele am 13.02.2009 (Analysen)
Zitat: "Der Song "Der Turm stürzt ein" (1980) soll sicher auf den Turm von Babylon anspielen."
In den Erinnerungen der Musiker ist folgendes zu lesen: Als die Band "Ton Steine Scherben" das "Album IV" konzipierte, auf dem sich ja der Titel "Der Turm stürzt ein" befindet, zog jeder Musiker Karten aus dem Tarot-Spiel, und die jeweilige Karte wurde in Musik umgesetzt. Bekanntlich gibt es unter den 22 Trumpf-Karten auch die des einstürzenden Turmes, dessen Bedeutung allerdings alles andere als negativ zu verstehen ist (Turm auch als Symbol der selbstüberheblichen Männlichkeit - der Turm war immer schon ein männliches Zeichen, natürlich auch als Phallus-Symbol): Altes muss kaputt gehen, damit Neues entstehen kann. Aus diesem Grunde lachen die auf der Tarot-Karte abgebildeten, vom Turm hinabstürzenden Menschen auch meistens. Vor diesem Hintergrund wird offensichtlich, warum Rio den Refrain dieses Liedes so fröhlich singt (vgl. auch den Text: "Halleluja, der Turm stürzt ein").
Christoph Häusele am 13.02.2009 (Analysen)
Schöne, interessante Analyse. Was die Passage mit Rios 'gleichgeschlechtlichem Partner' angeht, könnte man vielleicht noch anmerken, dass Rio Reiser zwar schwul war, er dieses Lied aber ursprünglich für eine Frau schrieb, die es singen sollte und auch sang: Marianne Rosenberg. Insofern würde sich die Liebe auf die Liebe zwischen Mann und Frau beziehen.